Minoggio
Hauptverhandlungs-Marathon und strafrechtlicher Flankenschutz
Keine Pause trotz Corona
Minoggio hat natürlich im November wie alle anderen auch sein Leben und sein Verhalten auf Corona einzustellen. Demgegenüber aber: Es stehen mindestens bis Jahresende eine ungewöhnliche Häufung von ganztägigen Hauptverhandlungstagen in zwei gewichtigen Wirtschaftsstrafverfahren und einem allgemeinen Strafverfahren in Nordrhein-Westfalen und Süddeutschland an, mit jeweils für den uns anvertrauten Mandanten großer Bedeutung. Hierüber kann an dieser Stelle verständlicherweise nicht detailliert berichtet werden, ohne in die Gefahr zu geraten, die Interessen der Mandanten dabei zu vernachlässigen und die für uns fundamental wichtige Schweigepflicht zu verletzen. Deshalb bitte Verständnis für die Kürze des Beitrags für diesen Monat.
Realitäten einer Hauptverhandlung
Nur soviel und eher generell, aber auch für diese Hauptverhandlungen in gewichtigen Strafverfahren: Man sieht nicht im Gerichtssaal den Verteidiger arbeiten. Man sieht viel eher das Ergebnis von vorbereitender Verteidigungsarbeit, von Recherchen, Faktenauswertungen innerhalb und außerhalb den Erkenntnissen der Ermittlungsakte. Rhetorische Glanzleistungen, bohrende Zeugenbefragungen, beeindruckende Plädoyers – das kann es in Einzelfällen durchaus geben. Tagesarbeit aber ist die akribische Vorbereitung einer Beweisaufnahme, um alle für die Verteidigung positiven Fakten herauszuarbeiten, unrichtige und ungünstige Tatsachenfeststellungen zu verhindern. Nicht selten kommt auf eine Stunde einer positiv für einen Angeklagten verlaufenden Hauptverhandlung ein Tag Vorbereitungsarbeit der Verteidigung oder mehr – aber die eine Stunde kann eben seine soziale, nicht nur strafverfahrensrechtliche Position entscheidend sichern oder verbessern helfen.
Strafrechtlicher Flankenschutz im Wirtschaftskrieg
Daneben hält der November auch Tagesarbeit bereit, etwa die Einarbeitung in ein komplexes Mandat zur Gewährleistung von wirtschaftsstrafrechtlichem Flankenschutzes im Rahmen einer jahrelangen Konkurrentenauseinandersetzung um öffentlichen Aufträge in einem EU-Mitgliedstaat. Gefordert dabei ist, in einem hochspezialisierten Technikbereich mit besonderen Vergaberegeln und Vergabeusancen bei Aufträgen erhebliche Verdachtsmomente in Richtung auf korruptives Verhalten zu bewerten und daraus die notwendigen Handlungsalternativen mit zu entwickeln. Dazu muss man kein Techniker werden, aber eine erhebliche Bereitschaft zeigen, sich in diese fremden, sozialen Umgebungen einzuarbeiten. Mit juristischen Kenntnissen oder Erfahrungen in juristischen Verfahrensabläufen allein ist es (wie zumeist bei etwas komplexeren Sachverhaltslagen) nicht getan, sonst versteht man den Fall in sozialer Hinsicht nicht.
Bischoff
Trotz des eingeschränkten Corona-Lockdowns keine Langeweile im November: finaler Akt eines Gastronomiefalles, Untreuevorwürfe im sechsstelligen Bereich vor Gericht, Vorbereitung der nächsten Eskalationsstufe in einem Steuerberaterregress
Gastronomiefall: auch die strafrechtliche Erledigung gehört zum Gesamtpaket!
Die Gastronomie- und Hotelbranche ist nach den Auskünften des Robert-Koch-Institutes nicht der erste Treiber des aktuellen Infektionsgeschehens (https://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-massnahmen-schulen-lockdown-101.html). Dennoch treffen die aktuellen Maßnahmen des „Lockdown-Light“ im November neben dem Kunst-, Sport- und Kulturbetrieb vor allem diese Branche. Der hierdurch verursachte Umsatzeinbruch wird mit bis zu 75 % ausgeglichen (guter Überblick zu den Voraussetzungen, ständig aktualisiert vom Deutschen Steuerberaterverband unter file:///C:/Users/B1756~1.BIS/AppData/Local/Temp/zu-tb-031-20-de-corona-stb-infos-anhang-uebersicht.pdf). Diese kritische, wirtschaftliche Situation ändert nichts daran, dass alte Steuerfahndungsfälle auch aus dieser Branche abgeschlossen werden müssen. In einem von Bischoff betreuten Fall wollte der betroffene Gastronom aus dem Sauerland trotz der Corona-Krise endlich Planungssicherheit. Es war klar, dass die Voraussetzungen für Hinzuschätzungen vorlagen. In zahlreichen Gesprächen mit der Steuerfahndung und der Betriebsprüfung wurde deshalb in den letzten zehn Monaten ein steuerliches Gesamtpaket verhandelt. Dieses ist für den betroffenen Gastronomen tragbar, auch wenn eine Steuernachzahlung von knapp 150.000 € zuzüglich Zinsen auf ihn zukommt. Offen ist aber noch, wie das Strafverfahren abgeschlossen wird. Hierzu ist im November 2020 ein Gespräch mit der Staatsanwaltschaft geplant. Denn im Regelfall darf im Steuerstrafrecht ein steuerliches Ergebnis erst endgültig akzeptiert werden, wenn auch die strafrechtliche Erledigung final verhandelt ist. Es müssen deshalb jetzt in der Vorbereitung gemeinsam mit der Steuerberatung sorgfältig die Argumente zusammengestellt werden, die für eine Einstellung gegen Geldauflage in wirtschaftlich erträglicher Höhe sprechen. Insbesondere dürfen die groben Schätzmethoden des Steuerrechts nicht einfach eins zu eins in das Strafverfahren übernommen werden. Zudem hat der Betroffene mitgewirkt und die Steuern werden komplett gezahlt. Er ist auch vor diesem Verfahren nie strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der Rest ist Verhandlungssache. Oberstes Gebot wird zudem sein, eine förmliche Sanktion zu vermeiden, um keine Risiken für die Gewerbe-/Gaststättenerlaubnis des Gastronomen einzugehen.
Erörterungstermin zur Vorbereitung einer Hauptverhandlung
In einem Strafverfahren wegen Untreue im mittleren sechsstelligen Bereich hat die Staatsanwaltschaft Anklage zu einem niedersächsischen Schöffengericht erhoben. Der Mandant war Buchhalter. Ihm wird vorgeworfen, seine Position genutzt zu haben, um über Jahre hinweg Zahlungen vom Geschäftskonto auf sein Privatkonto umzulenken. Das Geld soll er für sein teures Motorsporthobby ausgegeben haben. Es ist alles verbraucht, eine Schadenswiedergutmachung wäre ausgeschlossen. Die Verteidigung hat in den letzten Monaten versucht, dennoch mit den bescheidenen Möglichkeiten und durch intensive Gesprächen mit dem Geschädigten, die Voraussetzungen für einen Täter-Opfer-Ausgleich zu schaffen. Ausreichend kann hierfür auch das ernsthafte Bemühen des Beschuldigten um eine Schadenswiedergutmachung sein. Der Geschädigte ist mittlerweile bereit, die Bemühungen des Beschuldigten als ausreichenden Versuch einer Schadenswiedergutmachung und als insgesamt friedensstiftendes Angebot zu akzeptieren. Damit ist der Weg für eine Freiheitsstrafe im bewährungsfähigen Bereich trotz der nicht unerheblichen Schadenssumme bereitet. Ein Täter-Opfer-Ausgleich führt nahezu ausnahmslos zu einer deutlichen Strafmilderung. Im November führt Bischoff deshalb ein Vorgespräch mit dem Strafgericht und der Staatsanwaltschaft, um auszuloten, ob ein verfahrensabkürzender Deal abgeschlossen werden kann. Für den Mandanten ist eine solche Lösung im vorliegenden Fall am besten: die Straftaten dürften feststehen. Ihm wird der Druck eines ungewissen Verfahrensausgangs genommen. Darüber hinaus kann die Verhandlung wahrscheinlich in einem Verhandlungstag abgeschlossen werden.
Klage in einem Regressfall
Durch eine missglückte Gestaltungsberatung hat eine Steuerberaterin aus dem Ruhrgebiet für eine vorzeitige Aufdeckung stiller Reserven gesorgt. Ihr Auftrag bestand damals darin, genau diese Aufdeckung zu vermeiden. Durch eine Alternativgestaltung, die ohne weiteres umsetzbar gewesen wäre, hätten die damaligen Mandanten der Beraterin dieses Ziel erreicht. Nachdem nun seit vielen Monaten über eine außergerichtliche Lösung unter Einbeziehung der Haftpflichtversicherung verhandelt wurde, muss zum Jahresende Klage wegen eines Schadensersatzanspruches im sechsstelligen Bereich erhoben werden. Auch wenn die Pflichtverletzung feststeht, liegen die Positionen hinsichtlich der Höhe des Schadens zu weit auseinander. Es wurde alles versucht, zu vermitteln und eine Klage zu ersparen. Die Verhandlungen sind aber mittlerweile endgültig gescheitert, sodass die Klageerhebung zur Verjährungsunterbrechung zum Jahresende zwingend ist. Deshalb muss im November vor allem gemeinsam mit der neu mandatierten Steuerberatung die Schadensberechnung nochmals im Einzelnen nachvollzogen und geprüft werden. Anschließend wird die Klage durch Bischoff vorbereitet und auf jeden Fall einige Tage vor Fristablauf eingereicht. Es müssen sodann speziell erfahrene Zivilrichter über die geltend gemachten Ansprüche entscheiden. Möglicherweise kommt es im weiteren Gerichtsverfahren auch nochmals zu Vergleichsgesprächen und ein langer Weg durch den Instanzenzug bleibt erspart.
Veröffentlichungsmarathon und wieder eine Urlaubsabsage
Darüber hinaus stehen im November 2020 vier kleinere Veröffentlichungsprojekte auf dem Programm. Ein wegen des Lockdowns nicht mehr durchführbarer Urlaub Ende November 2020 wird hierfür genutzt werden. Die Produktivität liegt damit mehr im geistigen als im körperlichen Bereich. Da „ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“ beheimatet ist, wird auch etwas Zeit für ausgiebige Wandertouren und Joggingläufe genutzt werden. Im nächsten Jahr dann auch sicher wieder außerhalb des unmittelbaren Radius vor Ort…
Wehn
Hoffnung auf Entlassung aus der U-Haft, eine steuerrechtliche Schlussbesprechung und ein Berufungsverfahren nach Freispruch
Vorbereitung eines Haftprüfungstermins
In einem Verfahren wegen gewerbsmäßigen Betruges bereitet Wehn einen Haftprüfungstermin vor. Der Mandant bestreitet die Vorwürfe, aufgrund von angeblichen Auslandskontakten und Auslandsvermögen hat die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl beantragt – es bestünde Fluchtgefahr. Wie so oft in solchen Fällen gab es keine ernst zu nehmende Prüfung durch den Haftrichter. Dies muss nunmehr im Rahmen einer Haftprüfung nachgeholt werden. Der nicht vorbestrafte Mandant arbeitet seit über zehn Jahren im Lebensmittel-Großhandel. Seine Familie lebt in Deutschland. Seine durch persönlichen Einsatz über die Jahre angesammelten Vermögenswerte befinden sich ebenfalls im Inland. Nichts in seiner Biografie deutet darauf hin, dass Vermögensverschiebungen ins Ausland durchgeführt oder auch nur geplant wären – keine Bankkonten, keine ausländischen Immobilien. Es kann dem Mandanten auch nicht zum Nachteil gereichen, dass Teile seiner Familie noch in seinem Heimatland in Osteuropa leben. Die privaten und geschäftlichen Verhältnisse hatte Wehn in einer längeren Stellungnahme dem Gericht bereits vorgelegt, mitsamt eidesstattlicher Versicherungen der engeren Familienmitglieder. Ziel ist, den Richter von einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls zu überzeugen. Richtig wäre dies.
Schlussbesprechung nach langer Betriebsprüfung
In einem Steuerverfahren bereitet Wehn mit dem Mandanten die Schlussbesprechung beim Finanzamt vor. In ihr sollen die Ergebnisse der durchgeführten Betriebsprüfung besprochen und versucht werden, eine einvernehmliche und -vor allem für den Mandanten- tragfähige Lösung zu finden. Hintergrund der Prüfung waren wie so oft Unregelmäßigkeiten bei der Benutzung von Registrierkassen-in diesem Fall zwei verschiedene Modelle über einen Zeitraum von sieben Jahren, deren technische Ausstattung und Bedienung unter verschiedenen Gesichtspunkten dem Finanzamt eine Schätzungsmöglichkeit eröffnet hatte. Im Vorfeld der Besprechung waren die Probleme mit der Schätzung bereits dargelegt und mit Nachweisen unterfüttert worden. Dem Finanzamt ist klar, dass gegen überstürzt erlassene Bescheide Einspruch eingelegt werden würde, mit guten Erfolgschancen vor dem Finanzgericht. Es liegt also im Interesse des Finanzamtes, auf die berechtigte Kritik einzugehen. Durch gründliche Vorbereitung mit dem ebenfalls teilnehmenden Steuerberater können die Chancen auf eine gute Lösung erhöht werden.
Verteidigung gegen Berufung durch die Staatsanwaltschaft
Mit dem Mandanten vorbereiten muss Wehn eine Berufungshauptverhandlung Ende des Monats vor einem Landgericht in Ostwestfalen. Der Mandant war vor einem Schöffengericht von dem Vorwurf der Anstiftung zu einer schweren Körperverletzung freigesprochen worden. Der Freispruch erfolgte zu Recht aus tatsächlichen Gründen. Die Hauptverhandlung hat keine tragfähigen belastenden Beweismittel ergeben. Der Mandant bestreitet den Vorwurf bis heute. Somit war es die Staatsanwaltschaft, die Berufung gegen diese Entscheidung eingelegt hat. Begründet wird dies damit, dass das Gericht einen bestimmten Zeugen hätte näher befragen müssen. Die Staatsanwaltschaft übersieht dabei unter anderem, dass sämtliche der befragten Zeugen letztlich nur vom Hörensagen berichten konnten. Ein Erkenntnisgewinn durch genauere Befragung oder die Benennung weiterer Zeugen ist so gut wie ausgeschlossen. Dies hatte das Schöffengericht seinerzeit richtig erkannt. Da der Ansatzpunkt der Berufung der Staatsanwaltschaft durch deren schriftliche Begründung nunmehr bekannt ist, muss die anstehende Berufungshauptverhandlung vorbereitet werden. Es werden noch einmal sämtliche Zeugen aus der ersten Instanz gehört. Deren Befragung muss durch Studium der Aussagen in der ersten Instanz und im Ermittlungsverfahren (nochmals) vorbereitet werden, ebenso muss mit dem Mandanten dessen Einlassung vorbereitet werden.
Possemeyer
Drei Schwurgerichtsverfahren im Corona-Alltag
Nebenklage in einem Mordprozess
Im November stehen für Rechtsanwalt Possemeyer wieder zahlreiche Hauptverhandlungen auf dem Programm unter den erschwerten Corona-Hygiene-Vorschriften. So werden nunmehr an fast allen Gerichten regelmäßig während der Hauptverhandlung die Räume gelüftet. Zuschauer und teilweise auch die Beteiligten tragen permanent während der Sitzung Schutzmasken. Natürlich ist auch Possemeyer gerne bereit, diese Maßnahmen mitzutragen, damit die weitere Verbreitung des Virus verhindert wird und möglichst bald wieder ein Normalzustand einkehren kann.
In einer Hauptverhandlung bei einem Landgericht -Schwurgericht – in Ostwestfalen, die seit über einen Jahr andauert, übernimmt er die Nebenklage. In diesem Verfahren wurde ein naher Angehöriger der Mandanten mit zahlreichen Messerstichen getötet. Nach weit über 40 Verhandlungstagen mit umfangreicher Beweisaufnahme wird das Verfahren in diesem Monat zu Ende gehen. Es bleiben viele Fragezeichen, was tatsächlich passiert ist. Die Nebenklage um Possemeyer versucht aber in ihrem Plädoyer – entgegen der Verteidigung – aufzuzeigen, dass eine Verurteilung wegen Mordes dem Geschehen gerecht werden würde. Unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens wäre für die Familie des Verstorbenen wichtig gewesen, zu erfahren, was tatsächlich passiert ist. Da allerdings die Angeklagten durchgängig geschwiegen und es keine weiteren unmittelbaren Zeugen gibt, werden viele Fragen offen bleiben müssen. Die Erfahrung zeigt, dass dieser Umstand kein Einzelfall ist. Immer wieder kämpfen Gerichte darum, durch zulässige Beweismittel Sachverhalte aufzuklären, um dann nach der Beweisaufnahme gleichwohl feststellen zu müssen, dass keine sicheren Feststellungen zu Last des Angeklagten getroffen werden können. Für Geschädigte nicht einfach zu akzeptieren, aber: So geht Rechtsstaat.
Verteidigung in einem Tötungsdelikt mit dünner Beweislage
In einem weiteren Verfahren verteidigt Possemeyer an einem Landgericht im Ruhrgebiet – ebenfalls vor einer Schwurgerichtskammer – wegen eines Tötungsdelikts. Dem Mandanten wird vorgeworfen, den eigenen Vater getötet zu haben. Auch in diesem Verfahren gibt es keine unmittelbaren Zeugen oder andere direkte Beweise, welche die Täterschaft des Mandanten zwingend belegen. In diesem sogenannten Indizienprozess wird es notwendig werden, eine umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen mit DANN- und forensischen Sachverständigen.
Vorsatz als entscheidendes Element in einem weiteren Verfahren
In einem dritten Schwurgerichtsverfahren an einem Landgericht im Rheinland verteidigt Possemeyer eine Angeklagte, der vorgeworfen wird, ihren Nachbarn getötet zu haben. Die Beweisaufnahme steht noch am Anfang. Es ist aber schon Anfang November absehbar, dass auch in diesem Verfahren eine umfangreiche Beweisaufnahme stattfinden muss, obschon zu dem eigentlichen Tatgeschehen vieles festgestellt werden kann. Zum einen, weil die Angeklagte sich selbst schon bei der Polizei zum Tatgeschehen eingelassen hat. Zum anderen, weil es einen unmittelbaren Zeugen gibt, der das Tatgeschehen beobachten konnte. In diesem Verfahren wird es auch um die subjektive Seite der Mandantin gehen – also die Frage nach dem Tötungsvorsatz. Das Gericht wird eine Antwort auf die Frage finden müssen, ob genügend sicher feststeht, dass die Angeklagte überhaupt einen tödlichen Verlauf des Geschehens für möglich gehalten hat.
Westermann
Steuerliche Einstufung einer Programmier-Tätigkeit, Nachsorge nach einer Durchsuchung und kurzfristige Hilfe nach Bewährungswiderruf
Annahme einer gewerblichen Tätigkeit mit weitreichenden Folgen
Westermann unterstützt im November einen Mandanten in einem Einspruchsverfahren. Das Finanzamt hatte für mehrere Jahre hohe Gewerbesteuerbescheide erlassen aufgrund deren Tätigkeit als Programmiererin. Die Mandantin ist der Meinung, dass sie kein Gewerbe führt, sondern vielmehr selbstständig tätig ist. Im hier einschlägigen Bereich der Programmiertätigkeiten ist dies ein häufig anzutreffendes und für den Steuerschuldner potentiell existenzgefährdendes Problem. Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hat sich in diesem Bereich nicht zugunsten der Bürger entwickelt: Selbst bei umfangreichem Vortrag samt Arbeitsproben, mit dem der Betroffene seine sogenannte „ingenieursähnliche Tätigkeit“ und somit Freiberuflichkeit darstellt, ist oft Mehraufwand, z.B. durch Beauftragung eines Sachverständigen, nötig. Vor allem, da dem Finanzgericht die eigene Sachkenntnis fehlt, ob die Tätigkeit und Ausbildung des Programmierers tatsächlich vergleichbar ist mit dem eines ausgebildeten Ingenieurs. Nichtsdestotrotz muss bereits im Rahmen des Einspruchsverfahrens versucht werden, eine umfassende Tatsachengrundlage darzustellen durch genaue Darstellung der Ausbildung und sämtlicher praktischer Erfahrungen und Tätigkeiten. Selbst wenn das Finanzamt im Rahmen des Einspruchverfahrens nicht überzeugt werden kann, ist doch bereits wertvolle Vorarbeit für ein späteres Gerichtsverfahren geleistet.
Verteidigung im Ermittlungsverfahren nach einer Durchsuchung
Nach einer Durchsuchungsaktion bei einem Gebrauchtwagenhändler im Ruhrgebiet bereitet Westermann mit dem Mandanten die weitere Verteidigung vor. Nach Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen und EDV und erfolgter Akteneinsicht muss die Situation besprochen werden. Der Vorwurf lautet auf ungerechtfertigte Anmeldung von Vorsteuern aus verschiedenen Rechnungen über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Dabei muss für jeden Geschäftspartner -und im Zweifel für jede Rechnung- geprüft werden, inwieweit der Mandant seinen Kontrollpflichten nachgekommen ist und ob tatsächlich Raum bleibt für den Vorwurf der Steuerhinterziehung. Nur weil z.B. ein Geschäftspartner in der Datenbank des Bundesamtes für Steuern ZAUBER (Zentrale Datenbank zur Speicherung und Auswertung von Umsatzsteuer-Betrugsfällen) verzeichnet ist, bedeutet dies für den Geschäftspartner isoliert nichts. Diese Datenbank steht ausschließlich den Landesfinanzbehörden zur Verfügung. Es kommt ausschließlich darauf an, welche Kenntnisse der Mandant von seinem Geschäftspartner hatte bzw. nach ausreichender Prüfung hätte haben müssen. Entscheidend ist auch der Zeitpunkt. Eine einmal bestehende Berechtigung zum Vorsteuerabzug fällt nicht deshalb weg, weil der Unternehmer später von Umständen Kenntnis erlangt, die einem Vorsteuerabzug entgegen gestanden hätten. Eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Mandant bereits zum Zeitpunkt des Geschäfts die Unrichtigkeit der Vorsteuerabzugsberechtigung kannte oder hätte erkennen können.
Noteinsatz wegen Bewährungswiderruf
In einem „Noteinsatz“ hilft Westermann einem früheren Mandanten in einem Bewährungswiderrufsverfahren. Vor mehreren Jahren konnte in einem Betrugsverfahren vor einem Schöffengericht eine Bewährungsstrafe erfolgreich erstritten werden. Da das Gericht wie zahlreiche Gerichte –nicht immer zutreffend- der Ansicht war, dass eine Bewährungsstrafe für den Verurteilten auch „spürbar“ sein müsse, hatte es einen umfangreiche Bewährungsauflage mit Schadenswiedergutmachung und mehreren 100 Stunden Sozialdienst beschlossen, die nach dem Wortlaut des Beschlusses „unverzüglich“ absolviert werden sollten. Nachdem der Mandant einen Großteil der Stunden hinter sich gebracht hatte, häuften sich aufgrund von gesundheitlichen Problemen und der Pandemie-Situation die Probleme. Arbeiten in Sozialeinrichtungen konnten nicht angetreten werden. Nunmehr hat ein Richter überstürzt und ohne persönliche Anhörung den Widerruf der Bewährung beschlossen. Dem Mandanten ist aber nichts vorzuwerfen. „Unverzüglich“ bedeutet im Strafrecht ohne schuldhaftes Zögern. Ein solches ist wegen der nachhaltigen Bemühungen des Mandanten bereits nicht erkennbar. Und selbst bei Annahme eines Verstoßes: Der Widerruf der Bewährung ist in solchen Fällen nie das erste Mittel, zu dem das Gericht greifen darf. Verhältnismäßig wäre allenfalls eine Verlängerung der Bewährungszeit. Das Gesetz gibt dem Richter hier ausreichend Spielraum. Insbesondere da der Mandant die weiteren Auflagen (Straflosigkeit, Schadenswiedergutmachung) problemlos erfüllt hat. Diese Fakten gilt es im Beschwerdeverfahren herauszuarbeiten und vorsorglich zu beantragen, den Betroffenen vor einer negativen Entscheidung persönlich anzuhören.