Was machen wir im Juli
Was macht Minoggio
Minoggio muss die mutmaßlich etwas weniger Tagesarbeit bedeutenden, ersten beiden Ferienwochen auch darauf verwenden, den von ihm geforderten Beitrag zur Strategie und Taktik im Wirtschaftsstrafverfahren für die 3. Auflage des Münchener Anwaltshandbuches „Verteidigung in Wirtschaft- und Steuerstrafsachen“ aus dem Beck Verlag fertig zu stellen (https://www.beck-shop.de/muenchener-anwaltshandbuch-verteidigung-wirtschafts-steuerstrafsachen/product/11152340). Dazu braucht es zumindest etwas Abstand von Telefon und E-Mail Account.
In einer seit mehr als 6 Jahren betreuten Vertretung mit multiplen Zivil- und Strafverfahren bei verschiedenen Gerichten und Strafverfolgungsbehörden um ein Industriellenerbe steht ein Vergleichsabschluss an – positiv deshalb, weil der Fortbestand einer Unternehmensgruppe so gesichert werden kann und der Hauptteil der durch notarielle Urkunden gestützten Ansprüche abgewehrt werden konnte. Gleichzeitig aber auch negativ und mit schlechtem Beigeschmack, weil ein jedenfalls nach unserer sicheren Einschätzung unredlich und mit Falschzeugen agierender, durch Wohnsitz im Ausland geschützter Anspruchsteller noch nennenswerte Zahlungen erhalten wird. Recht haben und Recht gerade im Zivilverfahren gegen eine unredliche Prozesspartei vollständig und in allen Punkten beweisen zu können sind aber nun im Anwaltsalltag zwei verschiedene Dinge.
Für ein Wirtschaftsunternehmen der Pharmabranche ist eine umfassende Strafanzeige gegen einen Konkurrenten vorzubereiten und einzureichen, der sich massiv durch Umgehung und Verletzung des Arzneimittelgesetzes Wettbewerbsvorteile verschafft. Die Strafanzeige als Mittel im Konkurrentenkampf – von vielen, teilweise hochqualifizierten, außerstrafrechtlich bewanderten Berufskollegen käme so etwas nie in Betracht. Für uns als Theaterdonner auch nicht – aber sehr wohl in Konstellationen, in denen der qualifizierte Verdacht besteht, dass Strafgesetze verletzt und so Wettbewerbsvorteile erlangt werden. Hier ist nach unseren Erfahrungen ein lückenloses aufeinander abgestimmtes Vorgehen zivilrechtlich, zumeist dabei wettbewerbsrechtlich und auch strafrechtlich gefragt. Wir nennen das den wirtschaftsstrafrechtlichen Flankenschutz in bedeutungsvollen, zivilrechtlichen Auseinandersetzungen.
Schließlich hat Minoggio ein strafrechtliches Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof zu betreuen und als Herzstück die so genannte Revisionsbegründungsschrift zu erstellen. Arbeit in einem Spezialgebiet des Spezialgebietes Wirtschaftsstrafrecht: Das Revisionsrecht ist äußerst formstreng und auch für Spezialisten der Ausgang der Instanz nie prognostizierbar. In gewichtigen Wirtschaftsstrafverfahren gibt es nur eine einzige Tatsacheninstanz vor dem Landgericht und anschließend die Möglichkeit, im Revisionsverfahren Rechtsfehler zur Überprüfung durch den Bundesgerichtshof zu stellen. Dabei darf der Gang der Hauptverhandlung nur in engen Grenzen rekonstruiert und dürfen nur Rechtsfehler dabei gerügt werden. Die Beweiswürdigung des Tatrichters bleibt weitgehend ungeprüft und muss im Regelfall vollständig akzeptiert werden – es sei denn, aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils selbst ergeben sich Widersprüche, oder solche zu einem nur die wesentlichen Förmlichkeiten enthaltenden Hauptverhandlungsprotokoll.
Kurzum: Die strafrechtliche Revision erfordert einen ganz speziellen Blickwinkel auf das bisherige Verfahren und erlaubt nur spezielle Rügemöglichkeiten. Im Wirtschaftsstrafrecht ergeben sich – und das stellt auch den zu verfolgenden Ansatz im Verfahren jetzt dar – allerdings dadurch etwas bessere Revisionsaussichten, dass ein Tatgericht die Anwendung der außerstrafrechtlichen Gesetze als Basis für eine Verurteilung im Urteil selbst nachvollziehbar darlegen muss (etwa den Verstoß gegen Steuergesetze, Subventionsvorschriften oder solche des Außenwirtschaftsgesetzes). Hierbei darf nichts aus anderen Fachgerichtsurteilen (Finanzgericht, Sozialgericht) oder der Stellungnahme einer Fachbehörde wie Hauptzollamt oder Rentenversicherung ungeprüft übernommen werden. Passieren dem Strafrichter dabei Fehler, können diese im Regelfall anhand des Strafurteils selbst aufgezeigt werden und einer Revision zu erheblichen Erfolgsaussichten verhelfen.
Was macht Bischoff
Bischoff taucht im Juli 2019 mehrfach tief ins strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht ein. Die juristisch so genannte Einziehung (§§ 73 ff. StGB) ermöglicht es dem Staat grundsätzlich, in einem Strafverfahren die „Früchte“ von Straftaten abzuschöpfen und Gegenstände, mit denen Straftaten begangen wurden, wegzunehmen. Das kann auch tatunbeteiligte Dritte treffen. Entzogen werden kann nicht nur der Vermögensgegenstand, sondern auch der Wertersatz, falls der ursprüngliche Gegenstand nicht mehr vorhanden ist. Hinter diesen im Juli 2017 komplett neu gestalteten Regelungen steckt der nachvollziehbare Grundgedanke „Straftaten sollen sich nie lohnen“.
Das hört sich einfach und konsequent an. Tatsächlich verbirgt sich hinter dem neuen Recht ein Strauß von ungelösten Rechtsproblemen. Höchstrichterliche Rechtsprechung ist rar, so dass aktuell große Unsicherheit in der Rechtsanwendung besteht. Zu diskutieren ist beispielsweise bei der Steuerhinterziehung, ob auch ersparte Steuern durch falsche Steuererklärungen bereits im Strafverfahren abgeschöpft werden können. Dafür müsste die ersparte Steuer noch unter den Wortlaut „etwas erlangt“ zu fassen sein. Dem juristischen Laien wird sich diese Auslegung zumindest nicht auf den ersten Blick erschließen. In diesen Fällen ist immer verfassungsrechtlich zu prüfen, ob das sogenannte Bestimmtheitsgebot noch gewahrt ist (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2008/09/rk20080901_2bvr223807.html;jsessionid=F5A4273B4343D782E0C3CB0114D23A78.1_cid361).
Nachdem das Bundessozialgericht mit einem Paukenschlag verkündet hatte, dass Honorarärzte im Krankenhaus regelmäßig sozialversicherungspflichtige Angestellte sind (Urteil bislang unveröffentlicht, Pressemitteilung vom 4.6.2019 abrufbar unter: https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2019/2019_21.html), gibt es im Gesundheitssektor für Bischoff aktuell viel zu tun. In vielen Krankenhäusern bundesweit gehörten Honorarärzte zum Alltag. Bei Engpass in der Ärzteversorgung wurde gerne auf kurzfristig einspringende, zwangsläufig gut bezahlte Honorarärzte zurückgegriffen. Dies galt für alle Facharztbereiche, aber auch für Not- und Nachtdienste. Solange das Bundessozialgericht nicht entschieden hatte, war die Rechtslage offen, ob die Honorarärzte als Selbstständige eingeordnet werden konnten. Landessozialgerichte hatten auch teils eine Selbstständigkeit bejaht. Jetzt gibt es in nicht wenigen Häusern Klärungsbedarf mit der Rentenversicherung für die Vergangenheit. Zukünftig wird es Honorarärzte als freie Mitarbeiter kaum noch geben dürfen. Der Markt ist dabei, sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen. Die Ärzte werden jetzt über Agenturen vermittelt, die Inhaber einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis sind.
In einem Betrugsverfahren muss ein Täter-Opfer-Ausgleich vereinbart und durchgeführt werden. Die Tat scheint nachgewiesen. Zudem gibt es eine einschlägige Vorstrafe. Deshalb müssen jetzt durch frühes Geständnis, Schadenswiedergutmachung sowie eine Befriedung mit dem Opfer optimale Voraussetzungen für eine Einstellung des Strafverfahrens gegen Geldauflage geschaffen werden. Das Gericht hat bereits signalisiert, dass es insbesondere das friedensstiftende Ereignis einer Vereinbarung mit dem Geschädigten entsprechend honorieren wird. Gelingt es, dass auf einen weitergehenden Schadensersatzanspruch verzichtet wird, muss das Gericht zudem selbst bei einer Verurteilung davon absehen, den darüber hinausgehenden Betrag mit der Einziehung im Strafurteil abzuschöpfen. Damit ist also nicht nur strafrechtliche Sicherheit erreicht, sondern sind die die zivilrechtlichen Konsequenzen vernünftig und planbar geregelt. Schadensersatzansprüche aus Straftaten wird man als so genannte deliktische Ansprüche bei Widerspruch des Geschädigten auch nicht im Rahmen einer Privatinsolvenz los. Die Motivation des Mandanten ist damit doppelt ausgerichtet: auf ein optimales strafrechtliches Ergebnis und auf eine wirtschaftlich tragbare Lösung, die ihm eine Verschuldung über viele Jahre erspart.
Neben der Arbeit im Mandat muss Bischoff einen kurzen Beitrag zu einem Urteil des Bundesgerichtshof zur Steuerhinterziehung für eine Fachzeitschrift verfassen und für die Teilnehmer einer zweitägigen Schulungsmaßnahme zur Geldwäsche eine Abschlussaufgabe vorbereiten. Darüber hinaus wird Bischoff sich beim Sommerfest des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe e.V. an der Pleistermühle im Minigolf versuchen. Steuerberater und Steuerberaterinnen, die ebenfalls Mitglieder im Verband sind, sind herzlich eingeladen, ihr zu zeigen, wie man es richtig macht.
Was macht Wehn
Der Monat beginnt für Wehn mit einer Hauptverhandlung vor einem nordrheinwestfälischen Landgericht wegen versuchten Totschlags. Es geht um eine Auseinandersetzung, bei der sein Mandant versucht haben soll, einen Bekannten mit einem Messer zu töten. Vorangegangen waren jahrelange, teils polizeibekannte Streitigkeiten zwischen den Familien der Beteiligten. Die Sachlage ist unklar, die Aussagen widersprüchlich. Wehn bereitet mit seinem Mandanten dessen Einlassung und die Vernehmung der feindlichen Zeugen vor. Mit Spannung erwartet wird ein Gutachten über die an dem Messer gefundenen Blutanhaftungen. Die Hauptverhandlung ist für mehrere Tage angesetzt, soll aber noch im Juli enden.
Daneben steht für Herrn RA Wehn vor einem anderen nordrheinwestfälischen Gericht ein Verfahren an, bei dem es um gewerbsmäßigen Betrug in großem Umfang geht. Dem Geschäftsführer einer GmbH wird vorgeworfen, für verschiedene Sportveranstaltungen in ganz Deutschland Hallen angemietet und Karten verkauft zu haben. Der Mandant war allerdings in einer finanziellen Notlage überredet worden, das Amt des Geschäftsführers zu übernehmen – mit dem Geschäftsbetrieb der GmbH hatte er nichts zu tun. Der Staatsanwaltschaft gegenüber ist bereits jetzt darzulegen, dass der Mandant lange Zeit objektiv keine Hinweise darauf erhalten hatte, dass die angekündigten Veranstaltungen platzen würden, und wie er sich zuletzt in Einzelfällen auch um Schadenswiedergutmachung bemüht hatte.
Ebenfalls im Juli – der Abschluss dauert aber sicherlich bis in den Herbst – geht es um ein Steuer- und sozialversicherungsrechtliches Verfahren im Zusammenhang mit Kurierfahrten. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, in großem Umfang „Selbstständige“ eingesetzt zu haben, die tatsächlich Arbeitnehmer gewesen sind.
Da im Juli die Sommerferien beginnen und Herr Wehn einen schulpflichtiges Kind hat, fährt er Ende Juli und in der ersten Augustwoche in Urlaub.
Was macht Possemeyer
Rechtsanwalt Possemeyer wird im Juli an verschiedenen Gerichten mit gänzlich unterschiedlichen Sachverhalten verteidigen:
In einem Verfahren vor einem ostwestfälischen Gericht wird wegen eines bewaffneten Raubdeliktes zum Nachteil eines Tankstellenbetreibers verhandelt. Bereits im letzten Jahr begann das Verfahren. Das Gericht musste es aber aussetzen, weil der Hauptbelastungszeuge plötzlich für die Justiz verschwunden war.
Vor ein paar Monaten konnte er dann verhaftet werden und ist seitdem inhaftiert. Fraglich ist allerdings, inwieweit eine Verurteilung auf der Aussage des nicht sehr rechtstreuen Zeugen gestützt werden kann. Das Amtsgericht wird deshalb besonders kritisch die Glaubwürdigkeit des Zeugen und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage prüfen müssen, zumal keine weiteren objektiven Beweise vorliegen.
Einem weiteren Fall vor einem Amtsgericht in Dortmund liegt ein skurriler Sachverhalt zugrunde. Unser Mandant wird von seiner eigenen Mutter beschuldigt, er habe sie bei einem Besuch eine Treppe im Hausflur hinunter gestoßen. Zwar sind Mutter und Sohn seit längerem zerstritten und haben keinen Kontakt mehr zueinander. Jedoch bestreitet der Betroffene , die Mutter auch nur berührt zu haben. Entscheidend dürfte hier sein, dass gegen die Mutter bereits verschiedene Verurteilungen wegen falscher Verdächtigung existieren. Es liegt somit die Vermutung nahe, dass die Mutter auch in diesem Fall bei der Polizei eine falsche Anzeige erstattet hat.
Ferner verteidigt Possemeyer in einem größeren Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Mandant soll zahlreiche Drogen im sogenannten „Darknet“ zum Weiterverkauf bestellt und auch erhalten haben.
Das Darknet bietet ein höheres Maß an Sicherheit, da einem Angreifer der Zugriff auf das Netzwerk nicht ohne weiteres möglich ist – oder er im Idealfall gar nichts von der Existenz des Netzwerks weiß. Um neue Personen in ein Darknet zu integrieren, müssen diese von Teilnehmern eingeladen oder akzeptiert werden. Stellenweise ist dies auch nur Teilnehmern möglich, die über Privilegien verfügen. So bietet das Darknet werden erhebliche Möglichkeiten für kriminelle Aktionen, wie etwa illegalen Drogen- oder Waffenhandel. Eine Anfang Februar 2016 veröffentlichte Studie des britischen Thinktanks International Institute for Strategic Studies stufte 57 Prozent von 5205 untersuchten aktiven Seiten im Darknet inhaltlich als „illegal“ ein. Jedoch würde über ein Drittel der Angebote legal genutzt. Tatsächlich ist in diesem Fall unstreitig, dass der Mandant Drogen auf den einschlägigen Seiten im Darknet bestellt und mit bitcoins bezahlt hat. Sämtliche Drogenpakete sind zu seiner Anschrift geliefert worden. Bei einer Hausdurchsuchung sind ebenfalls Drogen gefunden worden, die mit den Bestellungen im Einklang standen. Possemeyer ist sehr optimistisch, dass für den nicht inhaftierten Mandaten ein gutes Ergebnis gleichwohl erzielt wird.
Was macht Westermann
Westermann vertritt einen Mandanten in einem Berufungsverfahren vor dem Landgericht im Rheinland. In der Vorinstanz bei der Mandant wegen eines schweren Drogendelikts zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren ohne Bewährung verurteilt worden. Zwar kann ein Gericht eine Strafe auch in dieser Höhe zur Bewährung aussetzen (nur bei mehr als 2 Jahren ist das grundsätzlich ausgeschlossen). Bei Freiheitsstrafen von über einem Jahr reicht dabei aber eine günstige Sozialprognose nicht mehr aus. Wird jemand zu einer solchen Strafe verurteilt, müssen besondere Umstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Angeklagten vorliegen, die eine Bewährung rechtfertigen. Das bedeutet, dass etwa eine feste Arbeitsstelle oder ein stabiles soziales Umfeld keine ausreichenden Argumente für eine Bewährung sein müssen. Ein besonderer Umstand ist etwa die Tatsache, dass der Angeklagte vor der ersten Hauptverhandlung zum ersten Mal in seinem Leben Untersuchungshaft erlitten hat, und dies über viele Wochen. Nach seiner erstinstanzlichen Verurteilung hat er zudem mit einer Drogentherapie begonnen. Ein tatbezogenes besonderes Merkmal ist in diesem Fall, dass die Drogengeschäfte zum großen Teil unter den Augen der Polizei stattgefunden hatten. So bestand nie die Gefahr, dass die Drogen tatsächlich in den Umlauf gelangen. Es gilt, in der Hauptverhandlung diese Punkte herauszuarbeiten, damit die Bewährung erreicht werden kann.
In einem Ermittlungsverfahren wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges bereitet Westermann eine Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft vor. Dem Mandanten und seinen Mitbeschuldigten wird vorgeworfen, einen sogenannten Cardsharing-Service organisiert und betrieben zu haben. Dabei werden Nutzerschlüssel von z.B. Sky und dazu passende Set-Top Boxen online vertrieben, so dass zahlreiche Nutzer für einen Bruchteil des eigentlichen Abonnementpreises in den Genuss von Pay-TV kommen. Im Raum steht eine Strafbarkeit wegen Betruges in einem besonders schweren Fall (da die Staatsanwaltschaft von einer Bande und einer gewerbsmäßigen Tätigkeit ausgeht). Der Mandant soll die Mitbeschuldigten durch das Anbieten von IT-Leistungen (Erstellung von Websites usw.) unterstützt haben. Kernpunkt der Verteidigung in diesem Fall ist die Abgrenzung zwischen der Mittäterschaft und der grundsätzlich milder zu bestrafenden Beihilfe. Welches Interesse hatte der Mandant an dem Erfolg der Tat? Welchen Stellenwert hatten seine Handlungen? Bereits im Ermittlungsverfahren muss herausgearbeitet werden, dass der Mandant allenfalls nur untergeordneter Gehilfe, und kein Täter gewesen sein kann. Angesichts des hohen sechsstelligen Schadens kann diese Abgrenzung den Unterschied zwischen einer Bewährungs- und einer zu vollstreckenden Strafe bedeuten.
In einem Steuerstrafverfahren vor einem Schöffengericht geht es um die Frage, ob sich der Angeklagte, ein Geschäftsführer, auf den Rat seines Steuerberaters verlassen konnte. Dieser hatte ein Steuersparmodell als völlig legal dargestellt, was sich im Nachhinein als falsch herausgestellt hat. Der Angeklagte selbst hat kein steuerliches Fachwissen. Die Staatsanwaltschaft und auch das Gericht sind bisher der –unrichtigen- Ansicht, dass sich der Angeklagte dennoch nicht auf den Rat des externen Beraters hätte verlassen dürfen. Westermann ist optimistisch, das Gericht angesichts der herrschenden Rechtsprechung vom Gegenteil überzeugen zu können. Bundesfinanzhof und Bundesgerichtshof hatten bereits in den 60ern entschieden, dass ein Geschäftsführer, der die Sachkunde eines ihm als zuverlässig bekannten steuerlichen Beraters in Anspruch nimmt, sich auf diesen verlassen darf keinen Anlass hat, die steuerliche Korrektheit der Arbeit des steuerlichen Beraters in Frage zu stellen.